"Venite Plurimi!"

Vortrag von Prof. Wilfried Stroh vor den 9. Klassen des Descartes-Gymnasiums

Vortrag von Prof. Stroh am Descartes-Gymnasium

Dieser Aufforderung kamen wir 'Lateiner' der 9. Jahrgangstufe gerne nach, als Professor Stroh alias Valahfridus im Theatersaal des Studienseminars zu seinem Vortrag De mira dulcedine linguae Latinae - „Vom Zauber des Lateinischen“ lud. Gespannt warteten wir auf die Rede des Professors, da wir schon im Lateinunterricht von unseren begeisterten Lehrern gehört hatten, welcher großer Liebhaber des Lateinischen heute vor uns mit einem rhetorischen Feuerwerk sprechen würde. Und die Lehrer hatten nicht zu viel versprochen, denn wir wurden keinesfalls enttäuscht.

So erklärte uns der Professor anschaulich die drei Tode der lateinischen Sprache, die letztlich erst zu ihrer Unsterblichkeit geführt hätten. Faune und Propheten, meinte er schmunzelnd, hätten sich 1200 v. Chr. als erste Lateinsprecher in Latium bewährt; es dauerte gut 1000 Jahre, bis die lateinische Sprache ihren ersten symbolischen Tod erlitt, indem sie sich von nun an nicht mehr stark veränderte, sondern zu einer kunstvoll stilisierten Schriftsprache reifte.

Im Zuge der Völkerwanderung und mit dem allmählichen Auftreten der frühen romanischen Sprachen, verlor das Lateinische zusehends an Bedeutung und starb seinen zweiten Tod, da es mehr und mehr von den Volkssprachen verdrängt wurde und nicht mehr automatisch als Muttersprache erlernt wurde. Doch 789 n. Chr. mit der Bildungsreform Karl des Großen fand auch der Lateinunterricht wieder seinen Platz in europäischen Klassenzimmern. Dank dieser Reform erlebte die "mittellateinische" Literatur zwischen 800 bis 1200 n. Chr. ihre Blütezeit. Allerdings starb das Lateinische nun seinen dritten symbolischen Tod durch das trockene "scholastische" Latein, das nun zwischen 1250 und 1500 n. Chr. an den in dieser Zeit neu entstehenden Universitäten als Wissenschaftssprache Verwendung fand.

Leider hörten die Ausführungen des Professors schon beim 'dritten Tod' auf, da sich der Zeiger auf der Uhr, so schien es einigen von uns jedenfalls, sich während des Vortrags rasend schnell dem Schulschluss um dreizehn Uhr genähert hatte.

Doch lange waren noch nicht alle unsere Fragen beantwortet und so bot sich uns beiden die Möglichkeit nach dem Vortrag Valahfridus noch mit Fragen zu löchern. So wollten wir natürlich wissen, wie es denn zu seiner Leidenschaft für das Lateinische gekommen war. Entgegen unserer Erwartung erzählte uns Professor Stroh, dass Latein während seiner Schulzeit nicht zu seinen Lieblingsfächern gehört hätte. Vielmehr begeisterte er sich für die Musik. Er übte sich jedoch schon damals im schnellen Übersetzen von Texten, indem er während der allwöchentlichen Predigten des Vaters in der Kirche - sein Vater war Pastor - sich die Zeit vertrieb, indem er im Kopf versuchte, das eben Gehörte simultan ins Lateinische zu übersetzen. Dies sei, so Prof. Stroh, eine gute Übung für die Formenlehre gewesen.

Nach seinem Abitur dachte er zunächst an ein Studium der Philosophie und Theologie, wozu er Hebräisch und Altgriechisch erlernen musste; dann aber entschloss er sich zunächst um des Griechischen willen zum Studium der Klassischen Philologie. Erst der römische Dichter Ovid entfachte in ihm die Leidenschaft für die lateinische Sprache; besonders die Amores, die Liebesgedichte von Ovid, hatte es dem jungen Wilfried Stroh angetan. Nach Beendigung seines Lateinstudiums wollte er eigentlich Gymnasiallehrer werden, schlug dann aber doch die wissenschaftliche Laufbahn ein.

Und noch heute, wenn man ihm gebannt zuhört, spürt man, welche tiefe Hingabe dieser Mann für das Lateinische empfindet. Es war eine Ehre und bereichernde Erfahrung, Professor Stroh unseren Gast nennen zu dürfen und so den Zauber des Lateinischen spüren zu können.

Shadan Hussain, Michéle Schmid 9d