Unterrichtsgänge zur Verdeutlichung des Wertes der deutsch-französischen Freundschaft

Die Tatsache, dass zwischen den Ländern Frankreich und Deutschland kein Krieg mehr herrscht, ist selbstverständlich geworden. Vielleicht zu selbstverständlich, denn immer wieder haben Menschen in der Vergangenheit an verschiedensten Orten Wege und Argumente gefunden, um Kriege zu beginnen.

Welche verheerenden Folgen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den erwähnten Nachbarländern auch für eine Stadt wie Neuburg hatten, zeigen Mahnmale und Gedenktorte in der unmittelbaren  Umgebung. Auch an unserer Schule, dem heutigen Descartes-Gymnasium, befinden sich Gedenktafeln für Gefallene aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, wobei manche dieser Verstorbenen auf französischem Boden fielen.

Weitere Orte der Erinnerung sind der Obelisk im Hofgarten, der an die Opfer des deutsch—französischen Krieges von 1870/1871 erinnert sowie das Denkmal in der Fünfzehnerstraße bzw. die Gefallenenliste  vor dem Eingang der Pfarrkirche Sankt Peter.

Die Spuren der Grausamkeit und der Gnadenlosigkeit der vergangenen Kriege umgeben uns daher noch heute. Dies ist auch in Oberhausen bei Neuburg der Fall. An jenem Ort verstarb am 27. Juni 1800 der Kommandeur der französischen Grenadiere, Théophile de la Tour D’Auvergne, während eines Gefechts im Rahmen des Zweiten Koalitionskrieges. An dem Ort des Geschehens, der bis heute in französischem Staatsbesitz ist, befindet sich neben einem Denkmal für diesen gefallenen Soldaten auch  ein Stein mit der Inschrift: Naguerre ennemis -Aujourd’hui amis. (Einstmals Feinde- Heute Freunde)

Die deutsch-französische Freundschaft, die am 22. Januar 1963 in Paris vertraglich besiegelt wurde, ist daher keine Banalität. Sie ist der Wandel von Grausamkeit, sinnlosem Tod auf Schlachtfeldern und einer so genannten „Erbfeindschaft“ hin zu einem harmonischen Nebeneinander. Die enorme Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft vor diesem bis heute bedrohlich wirkenden historischen Hintergrund sollte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des W-Seminars  über die deutsch-französische Freundschaft durch Unterrichtsgänge zu den erwähnten Orten erfahrbar gemacht werden.

Dabei hatte es auch in der Vergangenheit bereits deutliche Zeichen dafür gegeben, dass die beiden Länder keine Feinde sein sollten. Nachdem im Jahre 1858 die junge Französin Bernadette Soubirous aus Lourdes berichtet hatte, ihr sei die Muttergottes erschienen, entwickelte sich jener kleine  Ort in Südfrankreich auch in Deutschland  schnell zu  einem gefragten Wallfahrtsort.  Vielmehr noch: Gegen Ende des 19.  Jahrhunderts und am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden insbesondere im süddeutschen Raum in Seitenkapellen von Kirchen, auf zahlreichen Friedhöfen, an Wegkreuzungen oder in Wäldern zahleiche so genannte „Lourdesgrotten“ nachgebaut und „Unserer Lieben Frau in Lourdes“ geweiht.  In und bei Neuburg findet man derartige Grotten z.B. im Englischen Garten, unterhalb eines Felsens auf der Strecke zwischen Neuburg und Joshofen sowie kurz vor Joshofen in einem abgelegenen Waldstück. Eine dieser Grotten wurde im Rahmen eines Unterrichtsganges ebenfalls besucht. Obwohl diese Grotten Landschafts-und Stadtbilder bis heute prägen und aus dem Glauben an Marienerscheinungen in Frankreich heraus entstanden sind,  führte dieser sichtbare Einfluss aus dem Nachbarland leider nicht dazu, dass gewaltsame Auseinandersetzungen unterblieben.  Der deutsch-französische Krieg von 1870/1871 sowie die beiden erschütternden Weltkriege, die noch folgen sollten, sprechen hier eine ebenso  nüchterne wie erschreckende Sprache.

Umso deutlicher wird es daher, wie wichtig es ist, positiven Einfluss aus dem Nachbarland auch wahrzunehmen und sich seiner Bedeutung stets bewusst zu sein. Vor Allem deshalb ist auch die Einführung des „Deutsch-Französischen Tages“ in seiner Wichtigkeit nicht zu unterschätzen. Er wurde am 22. Januar des Jahres 2003, dem 40. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, ins Leben gerufen. Das Ziel dieses Gedenktages ist, insbesondere an Schulen durch vielfältige Aktionen die Tragweite der deutsch-französischen Freundschaft sowie ihr großes Potenzial als Garant für Frieden aber auch hinsichtlich verschiedenster Ideen bezüglich ihrer Gestaltung sichtbar  zu machen.

Leider kann in diesem Jahr der „Deutsch-Französische Tag“ aufgrund der aktuellen Pandemie und der damit verbundenen momentanen Schulschließung nur unter starken Einschränkungen umgesetzt werden. Möge dennoch die deutsch-französische Freundschaft in naher wie ferner Zukunft niemals vergessen werden.

Stefan Becker